
Srebrne svirale
Wer kann sich nach so vielen Jahren noch daran erinnern, was für ein Moment es war, als meine Hand nach Papier und Stift oder Tinte griff, um mein erstes Gedicht zu schreiben?
Man kann aus vagen Erinnerungen nur einige klarere Bilder herauslesen: Das früheste, aus dem Sommer 1918, als ich noch nicht einmal dreizehn war, zeigt mich mit Ivo Miškin in Rastušje, in unserem Weinberg auf dem Marica-Hügel, von wo aus man Brod und die gewundene Save sehen kann, wie wir uns den ganzen Tag lang zuriefen und Gedichte verfassten: in zehnzeiligen Strophen, das ist bekannt. Aber in welchen Momenten in dieser seligen Zeit war ich wirklich ein Dichter? Vom Frühling bis zum Herbst und besonders im Sommer stieg ich sonntagnachmittags, sobald die Sonne sich nach Westen neigte, unbemerkt auf den flachen Gipfel des Hügels am Eingang von Rastušje und stand oder ging dort, für niemanden sichtbar, zwischen den Kiefern im Gras, oder lag auf dem Rücken und dachte und träumte stundenlang, bis der Stern Večernjača erschien. Niemals später wurde ich von endlosen Ahnungen von etwas Unausgesprochenem durchdrungen, ähnlich denen, die damals mein Herz bis zum Rand füllten. Ich glaubte, ich sei ein Dichter, den noch niemand kannte, aber dass sie es herausfinden würden, wenn meine Ernte reif war.
Wie Bienen um einen Bienenstock schwärmten die Gedanken, einer nach dem anderen, einer vor dem anderen, hoben mich vom Boden und trugen mich in ein unbekanntes Land. Und ich wusste noch nicht, wie ich sie in harmonische Worte fassen sollte.
Ich vernichtete alle Papiere mit meinen Gedichten von damals bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr. Vor langer Zeit. Und ich begann neu, ab Herbst 1920. Seitdem, über die Jahrzehnte hinweg, habe ich mein Leben, jung und süß, reif und bitter, in Gedichte gepresst.
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