
Po-etika, knjiga druga
Eine Sammlung von Interviews, die den ersten Aufsatzband von 1972 ergänzt. Als Dozent für Serbokroatisch an der Universität Bordeaux offenbart Kiš in Gesprächen den Kern seiner „Poetik“ – eine moralisch und ästhetisch aufgeladene Vision der Literatur als
Zitat aus dem Buch: „Kunst ist … noch immer der letzte Zufluchtsort, die letzte Zuflucht des menschlichen Geistes. Wenn alle mit ihren Schweineherzen brüllen, werden diejenigen, die die Erfahrung der Kunst nicht fremd waren, als Letzte noch mit menschlichen Augen sehen und mit menschlichem Herzen fühlen.“
Kiš wurde 1935 in Subotica in einer jüdisch-montenegrinischen Familie geboren. Er verlor seinen Vater Eduard 1944 in Auschwitz, was seine Weltanschauung tiefgreifend prägte: Themen wie Tod, Trauma, Identität und Geschichte durchdringen sein Werk, von „Sandmann“ (1972) bis „Grabmal für Boris Davidovič“ (1976). In Interviews, inspiriert von Nabokov und den russischen Formalisten (Schklowski, Eichenbaum), plädiert er für das Palimpsest – das schichtweise Auslöschen und Umschreiben des Textes hin zu einem absoluten, wenn auch schwer fassbaren Prinzip. Er kritisiert die „Autopastiche“ (Selbstbesinnung) und verallgemeinernde Kritik und bevorzugt Fragmentierung, Ironie und Entpersonalisierung gegenüber lyrischer Sentimentalität oder ideologischen Programmen. Seine Poetik ist „unglücklich und resigniert“: unglücklich über die Widersprüchlichkeit der Ansprüche, resigniert gegenüber ihrer Unerfüllbarkeit, aber beharrlich angesichts der biographischen „Verstrickung“ (Sartre) und der Angst vor dem Tod.
Das Buch enthält Diskussionen über Einflüsse (Prust, Andrić), literarische Form (von der ersten zur dritten Person, Fragmente in „Peščanik“ mit 67 Teilen), Politik (Ablehnung des sozialistischen Realismus, Kampf gegen Ungerechtigkeit ohne Ideologie) und existenzielle Fragen. Später wurden Teile in „Homo poeticus“ (1983), Kiš’ Sammlung von Essays und Interviews, aufgenommen, während das Gesamtwerk posthum in „Skladište“ (1995) veröffentlicht wurde. Als Symbol intellektuellen Widerstands prägte die „Po-Ethik“ die europäische Literatur, wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und betonte die Literatur als Frage, nicht als Antwort – in einer Welt, in der die Geschichte das Individuum verschlingt. Kiš, der 1989 in Paris starb, bleibt eine Stimme gegen das Vergessen: „Zählen ist ein Talisman gegen den Tod.“
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